Shiller-KGV: Die Erfolgskennzahl?



ANALYSE | Das allseits beliebte Kurs-Gewinn-Verhältnis, kurz KGV, hat so seine Tücken. Ein besseres KGV ist das von Nobelpreisträger Robert Shiller…

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Robert Shiller sieht schwarz. Der Yale-Professor und Nobelpreisträger hält eine Korrektur beim US-Standardwerte-Index S&P 500 von 35 Prozent für möglich und prognostiziert einen Indexstand von 1.300 Punkten, wie mehrere US-Medien berichten. Der Dow Jones konnte in den Augen des 69-Jährigen auf 11.000 Punkte fallen (derzeit 16.643 Punkte).

Shiller ist nicht irgendwer in der Finanzwelt. Er hat das Shiller-KGV erfunden und erhielt zusammen mit Lars Peter Hansen und Eugene Fama den Nobelpreis. Die Amerikaner nennen das Shiller-KGV auch CAPE (für cyclically adjusted price-to-earnings ratio). Im Prinzip handelt es sich dabei um einen Durchschnittswert der vergangenen zehn Jahre, ein konjunkturbereinigtes Kurs-Gewinn-Verhältnis. Dieser Wert ist Untersuchungen zufolge wesentlich aussagekräftig, wenn man ihn mit einem aktuellen KGV vergleicht, als etwa andere Maßstäbe und auch ein geschätztes KGV für die ferne Zukunft für sich genommen. Wie problematisch das KGV an sich ist, haben wir ja schon des Öfteren beschrieben, ist doch der Gewinn bilanztechnisch leichter zu manipulieren, als etwa der Umsatz, der Buchwert oder auch der Cashflow.

euro-stoxx-50-shiller-kgvDer Durchschnitt vom Durchschnitt liegt beim Dow Jones bei 17,0. Und damit liegt der historische Wert für das CAPE deutlich unter dem heutigen Wert von rund 27,0. Auch beim EuroStoxx 50 sind viele Titel überwertet (siehe Tabelle). In einem Gastkommentar in der New York Times schrieb Shiller jetzt, es gebe einfach nicht genug fundamentales Wachstum, um einen Anstieg des S&P 500 von 21 Prozent in den vergangenen zwei Jahren zu rechtfertigen. Das ließe sich natürlich relativeren, angesichts der Anlagealternativen und der aktuellen (Sonder-)Situation von Nullzinsen, Gelddrucken und guter Konjunktur. Dass es nicht grenzenlos nach unten geht, scheint sich bereits zu zeigen. Zuletzt hat die jüngste Korrektur nun für günstigere Bewertungen gesorgt. Die vielbesagte volatile Phase ist aber auf jeden Fall eingeläutet.

Wichtig beim Shiller-KGV: Für den Gesamtmarkt scheint die Aussage treffsicherer, ebenso die einer angezeigten Überbewertung. Eine Unterbewertung ist weniger aussagekräftig. Natürlich sollten sich Anleger nie nur auf eine oder zwei, drei Kennzahlen beschränken, aber das Shiller-KGV ist ein guter, erster Anhaltspunkt. Dass die Kennzahl auch Schwächen hat, erklärt Prof. Max Otte im Interview (siehe Interview). Der BWL-Professor und Fondsmanager verwendet das „normalisierte“ KGV für Aktien von Unternehmen mit wenig Wachstum. Bei Unternehmen mit starkem Wachstum hat die Kennzahl natürlich ihre Schwächen, wird dann doch die Zukunft und die Steigerung zu wenig berücksichtigt.

Ein Blick auf den EuroStoxx 50 zeigt ein uneinheitliches Bild. Der 10-Jahres-Durchschnitt des KGV (gleichgewichtet) liegt bei 16,7. Verglichen mit dem Zahlen von 2014 sind die Euro-Aktie überbewertet (21,4), anhand des für 2015 geschätzten KGV kann man von einer fairen Bewertung sprechen. Von den 50 Titel sind 28 überwertet, 9 fair bewertet und 13 unterbewertet. Interessant ist auch die Bewertung an sich. Von einer günstigen Aktie spricht man ab einem KGV von 10 und niedriger, manchmal auch erst ab 7. Drei Aktien notieren extrem günstig: RWE, Vivendi und Nokia. Diese drei Titel sind nun aber unter Umständen auch zu recht niedrig bewertet, sind die Gewinn­aussichten doch eher negativ. Auch bei den Aktien der Autobauer Volkswagen, BMW und Daimler ist Skepsis geboten – trotz gutem KGV. Die drei sind besonders von sinkenden Absatzzahlen in China betroffen.


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NOBELPREISTRÄGER ROBERT J. SHILLER

Robert Shiller (69) hat den Stanley B. Resor-Lehrstuhl für Wirtschaftswissenschaften inne und ist Fellow am internationalen Zentrum für Finanzwissenschaften der Yale University.

In den 1980er Jahren entwickelte Shiller zusammen mit Karl E. Case und Allan Weiss den Case-Shiller-Index, der die Entwicklung des US-Immobilienmarktes widerspiegelt. Der von S&P vertriebene Case-Shiller Home Price Index ist der führende Immobilienindex in den USA. Sein im Jahr 2000 auf dem Höhepunkt der New-Economy-Euphorie erschienenes Buch „Irrationaler Überschwang“ wurde zum Bestseller, die darin aufgestellten Thesen bewahrheiteten sich kurz darauf in der Baisse der Jahre bis 2003. Auch vor der etwa 2007 geplatzten Immobilienblase in den USA warnte er frühzeitig.

Shiller vertritt einen keynesianischen Ansatz, jedoch nicht in der seit John R. Hicks (1937) von allen Annahmen über die Unvernunft des Verhaltens der ökonomischen Akteure gereinigten Form. Er versucht irrationale Übertreibungen, Formen von Herdentrieb, aber auch den Spieltrieb der Akteure in die Analyse einzubeziehen und ist damit Mitbegründer der Behavioral Finance. 2013 erhielten Shiller, Eugene Fama und Lars Peter Hansen den Nobelpreis für ihre empirische Analyse von Kapitalmarktpreisen.

Foto: Archiv/red

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