»Platin ist ausgesprochen günstig«

ROHSTOFFE | Insbesondere im Vergleich zu Gold müsste das weiße Edelmetall eigentlich teurer sein. Investmentanalyst Thorsten Proettel von der LBBW kommentiert.

Platin verbilligte sich in den vergangenen Monaten drastisch. In den Sommermonaten drückte die Angst vor einer rasch einbrechenden Konjunktur in China das Metall. Die Volksrepublik ist nicht nur ein entscheidender Faktor für das globale Wirtschaftsklima, sondern auch der mit Abstand größte Absatzmarkt für Platinschmuck. Auf ihn entfallen etwa 22 Prozent der weltweiten Platinnachfrage in Höhe von etwa 250 Tonnen jährlich. Weiterhin belastete der Skandal um manipulierte Abgaswerte von VW-Dieselfahrzeugen die Notierung. Rund 42 Prozent der Platinnachfrage gehen auf Kraftfahrzeughersteller zurück, die das Edelmetall hauptsächlich zur Produktion von Abgaskatalysatoren für Dieselmotoren einsetzen.

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Der fortgesetzte Abwärtstrend führte dazu, dass Platin seit Jahresanfang 2015 günstiger als Gold ist und mittlerweile sogar mit einem Discount von rund 20 Prozent im Vergleich zum Goldpreis gehandelt wird. Diese Situation war in den vergangenen 25 Jahren noch nicht zu beobachten. Bislang konnte die Preisparität von Platin und Gold, also ein Platin/Gold-Verhältnis von 1, sogar als eine Art Untergrenze angesehen werden, weshalb zumindest die Historie für eine starke Unterbewertung von Platin spricht. Im Zeitraum 1999 bis 2008 war Platin streckenweise sogar doppelt so teuer wie Gold.



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Aus ökonomischer Perspektive können die Kosten der Platinförderung mit gewissen Einschränkungen ebenfalls als eine Art Preisuntergrenze angesehen werden. Die Minenunternehmen leiden derzeit nicht nur unter den sinkenden Erlösen für das Edelmetall, sondern gleichzeitig an steigenden Aufwendungen. In Südafrika, wo rund 70 Prozent der weltweiten Platinförderung konzentriert sind, setzten die Bergbaugewerkschaften in den vergangenen Jahren deutliche Lohnsteigerungen durch und der staatliche Elektrizitätsversorger Eskom erhöhte seine Strompreise mehrere Jahre hintereinander um jeweils 25 Prozent. Die Minenkonzerne bekamen jedoch vor allem seit 2011 starke Rückendeckung durch eine anhaltende Abwertung des südafrikanischen Rand. Dadurch stieg der Platinpreis aus Sicht der Förderunternehmen trotz sinkender US-Dollar-Notierung in heimischer Währung sogar an, beziehungsweise er sank weniger stark und schaffte somit Erleichterung.

Dass der Rand-Wechselkurs eine entscheidende Rolle spielt, zeigt auch der Blick auf Unternehmensdaten. Durch die anhaltende Abwertung fielen die Erlöse je geförderter Feinunze Platin (Net sales revenue) beim Branchenprimus Anglo American Platinum seit 2006 fast nie unter die Gestehungskosten (Cost of sales, jeweils inklusive Nebenprodukte). Gemessen an den jüngsten verfügbaren Zahlen dürfte sich die Verlustschwelle für Anglo umgerechnet bei etwa 850 Dollar je Platinunze befinden, wobei dieser Wert stark von der Entwicklung der Preise der Nebenprodukte wie Palladium, Rhodium und Nickel abhängt. Angesichts der desolaten Situation werden geplante oder unfreiwillige Förderkürzungen immer wahrscheinlicher. Die Kapitalmarktteilnehmer haben ihre Daumen über die Minenbetreiber jedenfalls schon in den vergangenen Monaten gesenkt. Der Aktienkurs von Anglo fiel seit Anfang 2015 um 60 Prozent und der von Impala Platinum um 71 Prozent. Lonmin musste einen Absturz um 97 Prozent verzeichnen und notiert nur noch als Pennystock. Allerdings ist angesichts des wenig nachhaltigen Finanzgebarens der Regierung in Pretoria mit einem weiteren Verfall des Rands zu rechnen, der den Unternehmen entgegenkommen würde.

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Vor allem in den Monaten September und Oktober verabschiedeten sich einige Anleger aus ihren Platin-ETCs. Der Gesamtbestand nahm um mehr als 13 Tonnen ab, was einem Rückgang um mehr als 15 Prozent entspricht. Dieser Abverkauf trug sicherlich zur Preisschwäche bei. Aktuell ist jedoch kein Verkaufsdruck der ETCs zu beobachten. Dagegen befindet sich die Netto-Long-Position der Money Manager an der US-Terminbörse mit rund 5.800 Kontrakten weiterhin im Bereich eines Mehrjahrestiefs. Im Durchschnitt der Jahre 2014 und 2015 waren die Spekulanten mit 20.200 Kontrakten netto-long positioniert.

Platin ist derzeit ausgesprochen günstig. Diese Einschätzung ergibt sich sowohl im Vergleich zur Preishistorie des Edelmetalls als auch in Relation zu Gold und zur Kostensituation der Unternehmen. Auf der anderen Seite lassen sich mit dem nachlassenden Wirtschaftswachstum in China und dem Imageschaden für Dieselmotoren derzeit auch gewichtige Gründe für eine perspektivisch niedrigere Nachfrage finden. Insgesamt gehen wir jedoch davon aus, dass sich der Platinpreis in den kommenden Monaten von seinen Tiefs erholen sollte. Wir erwarten kein „hard landing“ der chinesischen Konjunktur und im Bereich der Dieselmotoren könnten der VW-Skandal wie auch die Diskussion um Feinstaubwerte zukünftig sogar zu einer höheren Platinnachfrage führen. Abgesehen hiervon stützt der niedrige Ölpreis die Nachfrage nach Diesel-SUVs und ähnlichen Fahrzeugen mit großem Hubraum und entsprechend hohem Platinbedarf. Auch die Angebotsseite wird vermutlich zur Preiserholung beitragen.

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Zur boersianer.info-Ausgabe #46 geht’s hier:
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Grafik: red (3)

1 Kommentar

  1. War eben drauf und dran mir Platin Anteile zu kaufen, weil ich sie für günstig empfand. Habe dann zum Glück einen Vergleich mit Gold gemacht und musste erschreckend feststellen das Platin im Gegensatz zu Gold ja eigentlich nichts Wert ist. Die Unterschiedsspanne zwischen den beiden Edelmetallen ist liegt in einem sehr deutlich erkennbaren Bereich auseinander. Bin froh nochmal verglichen zu haben und nun diesen Kommentar zur Platin und Gold Entwicklung zu lesen. Letzten Endes habe ich sogar Platin verkauft anstatt anzukaufen. Ich empfehle beim Verkauf die Live Goldwert Tabelle im Auge zu behalten und dann zu einem für den Verkäufer günstigen Zeitpunkt zu verkaufen. Ich habe mein Platin ankaufen lassen und den günstigsten Zeitpunkt abgewartet. Dank des aktuellen Reiters zu Kitco-Tabelle hab ich wenigstens etwas für mein Platin bekommen. Wobei es sich bei geringen Mengen kaum Sichtbar macht durch Schwankungen im Cent Bereich.

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