Lars Tranberg Rasmussen: »Der Optimismus geht von den USA auf Europa über«

GASTKOMMENTAR

GASTKOMMENTAR | Der jüngste Aktienaufschwung des vergangenen halben Jahres wird im zweiten Quartal 2017 erwartungsgemäß nachlassen. Deshalb gewichten wir Aktien moderat über und sehen das größte Potenzial bei europäischen Aktien, sagt Lars Tranberg Rasmussen, Senioranalyst bei Danske Invest.

Von Lars Tranberg Rasmussen, Danske Invest

Das zweite Quartal wird in vielerlei Hinsicht ein „europäisches Quartal“ werden. In Frankreich steht eine entscheidende Präsidentschaftswahl bevor: Es geht nicht nur darum, wer in Frankreich die Führung übernehmen wird, sondern auch um die Zukunft der Europäischen Union.

Unserer Einschätzung nach herrscht immer noch ein zu großer Pessimismus im Hinblick auf die europäische Politik, wohingegen zu wenig anerkannt wird, dass die Unternehmen wieder Geld verdienen. Außerdem kann der europäische Aktienmarkt davon profitieren, dass von der Europäischen Zentralbank (EZB) auf kurze Sicht keine Zinserhöhungen zu erwarten sind – im Gegensatz zu den USA, wo bis zum Jahresende zwei weitere Zinsanhebungen anstehen.

Trump-Effekt lässt nach
In den USA wächst die Wirtschaft nach wie vor deutlich über dem Trend. Jedoch gehen wir nicht davon aus, dass sich dieses Wachstumstempo im zweiten Quartal fortsetzen wird. Der Optimismus, der nach der Wahl aus Donald Trumps versprochenem Steuerpaket und seinen angekündigten Infrastruktur-Investitionen entstand, wird nun von einem realistischeren Ansatz abgelöst. Daher erwarten wir, dass Trumps Steuerpaket enttäuschend ausfallen könnte.

Auch wenn das Wirtschaftswachstum die Unternehmensgewinne teilweise stützen wird, rechnen wir damit, dass amerikanische Aktien unter Druck geraten werden, sodass sich die positive Entwicklung des ersten Quartals nicht fortsetzen wird. Amerikanische Aktien werden unseres Erachtens im zweiten Quartal grundsätzlich seitwärts tendieren oder nur sehr moderat steigen. Gleichzeitig werden die Marktschwankungen aufgrund der politischen Unsicherheit und der kommenden Zinserhöhungen zunehmen.

Französische Präsidentschaftswahl bestimmt die Schlagzeilen
Europa verzeichnet weiterhin ein sehr ordentliches Wachstum, das jedoch unserer Ansicht nach ebenfalls leicht nachlassen wird. Die Wirtschaft und die Aktienmärkte haben im Gegensatz zu den USA kurzfristig keine Zinserhöhungen zu erwarten, obwohl der Europäischen Zentralbank immer bewusster wird, dass sie irgendwann mit einer Normalisierung der Geldpolitik beginnen muss. Falls die EU-Gegnerin Marine Le Pen wie erwartet die Präsidentschaftswahl gegen den moderateren Emmanuel Macron verliert – und die Märkte dann erleichtert aufatmen –, können europäische Aktien deutlich steigen.

China stützt das Wachstum
Die chinesische Wirtschaft wird im zweiten Quartal unseres Erachtens weder überraschen noch enttäuschen. Wenn das Wachstum Anzeichen für eine Abkühlung aufweist, wird es die Regierung weiterhin stützen, zum Beispiel durch Investitionen in die Infrastruktur. Daher haben wir im Hinblick auf das Wachstum des Landes keine Bedenken. Es wird unserer Ansicht nach in diesem Jahr etwa 6,5 Prozent betragen und damit der Zielsetzung der Regierung entsprechen.

Unsere Allokation
Insgesamt erwarten wir von Aktien weltweit nur eine moderate Rendite. Zudem gehen wir davon aus, dass der Anleihemarkt unter Druck geraten wird, da die Zentralbanken zu Zinsanstiegen beitragen werden. Mit Eintritt ins zweite Quartal sind wir deshalb in Anleihen untergewichtet, während wir Schwellenländeranleihen in Lokalwährung übergewichten. Wir glauben, dass europäische Aktien einem starken Quartal entgegensehen können, während der globale Aktienmarkt unseres Erachtens nur moderate Renditen erzielen wird.

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