Langer Atem ist keine Option

HANKES MEINUNG | Autsch: Wenn vermeintliche Börsenexperten Anlegern zu Aktien raten, bei denen diese einen langen Atem bräuchten, teilen die Experten durch die Blume mit, keine Ahnung zu haben.

So ein Schwachsinn: Die VW-Aktie sei etwas für Anleger mit langem Atem, sagte neulich ein selbsternannter, recht bekannter Börsenexperte. Ich übersetze mal für diesen: Ich, selbsternannter Börsenexperte, habe keine Ahnung, ob ich die Aktie nun zum Kauf oder Verkauf empfehlen soll, wurde dummerweise aber gefragt. Also sage ich einfach, dass sich das Investment langfristig rechnet, damit liege ich auf keinen Fall falsch. Außerdem erinnert sich später eh niemand mehr daran, sollte ich langfristig doch falsch gelegen haben. Umgekehrt ist der lange Atem natürlich interpretationsfähig… Besser geht’s nicht.



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Das hilft Anlegern, Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, natürlich überhaupt nicht. Deshalb versuchen wir bei boersianer.info auch immer ein klares Rating abzugeben und auf die Einschätzung neutral, beobachten oder halten weitgehend zu verzichten. Wer sich nicht gut auskennt, der wird in der Regel eher zu einer solchen Einschätzung kommen. Das konnte ich in meinem Berufsleben schon häufiger beobachten, um – im wahrsten Sinne des Wortes – beim Thema zu bleiben. Auch sind Finanzjournalisten oft geneigt, dem Urteil der Masse zu folgen. Wenn man dann falsch liegt, dann haben dies ja auch viele andere, was viele offenbar irgendwie als weniger schlimm einstufen. So agieren oft auch Fondsmanager, die sich lieber nicht zu weit von ihrer Benchmark, ihrem Vergleichsindex lösen.
Die Aktie für Anleger mit Geduld, ist eine Aktie, von der Sie aktuell die Finger lassen sollten. Punkt. Sonst müsste man sie ja nicht so betiteln. Absurd ist irgendwie auch, was ich jetzt bei Verbraucherschützern gehört habe. Da darf man zu einem weltweiten Aktienfonds raten, weil dieser das Risiko breit streut, einen konkreten darf man natürlich nicht nennen. Soweit, so gut. Doch sich zum Investment in einzelne Aktien äußern, nicht zu konkreten Titeln, sondern den möglichen Auswahlkriterien und Vorgehensweisen, das macht man unter Verbraucherschützern wiederum nicht. Die Kompetenz liegt dann wohl doch eher bei Fonds und Versicherungen. Doch genau bei jenen Produkten, verdienen andere oft ordentlich mit. Die Kosten kann man sich zum Teil sparen. Vor allem, wenn man sich die Mühe macht, sich mit dem Thema Geldanlage so intensiv zu beschäftigen, wie etwa mit dem Auto- oder Hauskauf.

Verstehen Sie mich nicht falsch, Fonds sind eine gute Beimischung für Ihr Depot – aber eben nur die richtigen, die guten. Diese herauszufiltern, dazu bedarf es Wissen und das eignen Sie sich nur mit einem langen Atem an. Wahrer Börsen­experte ist noch niemand über Nacht geworden.

Ihr Ulrich W. Hanke, boersianer.info-Chefredakteur


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Foto: red

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