»Herr Müller, steigt der Goldpreis bald wieder?«

INTERVIEW | Von einem Megatrend bei Rohstoffen redet schon lange niemand mehr. Eigentlich ein gutes Zeichen für einen antizyklischen Einstieg, wären da nicht die ungewöhnlichen Marktverhältnisse. Ulrich W. Hanke sprach mit Gold-Experte und Buchautor Jürgen Müller von der Einkaufsgemeinschaft Sachwerte über Edelmetalle, Minengesellschaften und freie Märkte…

Herr Dr. Müller, Sie haben ein neues Buch mit dem Titel „Drei-Speichen-Regel“ geschrieben. Ich muss gestehen, ich hatte noch nicht die Zeit, es zu lesen. Daher die Frage, um was geht es darin?

Müller: Die Drei-Speichen-Regel umfasst die drei Speichen Aktien, Immobilien und Edelmetalle. In diese drei Anlageklassen sollten Anleger je ein Drittel ihres Kapitals investieren. Das ist übrigens eine ganz alte Regel, die aus der Bibel beziehungsweise aus dem Judentum stammt. Wenn eine Anlageklasse stark gestiegen ist, sollte der Anleger die verschobene Gewichtung nach einem Jahr wieder ausgleichen. So handelt er automatisch antizyklisch. Außerdem korrellieren diese drei Klassen wenig bis gar nicht, bieten also eine perfekte Risikostreuung.

Klingt spannend. Bedeutet das in der aktuellen Situation die Aktienquote zu reduzieren?

Müller: Ja, wir empfehlen die Reduzierung von Wertpapieren und Geldwerten aller Art und stattdessen die Übergewichtung von physischen Metallen sowie Holz- und Waldinvestments.

Die Speichen entsprechen irgendwie auch dem Werdegang Ihres Unternehmens. Zunächst war da die Einkaufsgemeinschaft für Gold und Silber, dann Technologiemetalle und heute nennen Sie sich Einkaufsgemeinschaft für Sachwerte und bieten auch Holzinvestments an…

Müller: In der Tat. Bis auf die Aktienberatung – da haben wir als Firma keine entsprechende Erlaubnis – bieten wir alles an. Die Technologiemetalle und Seltenen Erden sind Kann-Metalle, wie ich sie gerne nenne, weil sie sehr spekulativ sind. Hier existiert kein Börsenhandel und der Markt ist sehr intransparent. Gold und Silber sind dagegen meiner Meinung nach Muss-Metalle.

Deren Preise bald wieder steigen?

Müller: Gold und Silber sind stark heruntergeprügelt worden. Zwangsläufig müssen die Preise bald wieder steigen, wie Sie ja auch schon einmal geschrieben haben.

Ja, weil das Angebot unelastisch ist. Neue Minen sind nicht von heute auf morgen betriebsbereit und Vorkommen erst recht nicht auf die Schnelle gefunden. Was mir allerdings ein Rätsel ist, ist der Platinpreis. Früher war Platin in etwa doppelt so teuer wie Gold. Heute ist eine Feinunze Platin dagegen sogar billiger als das gelbe Edelmetall…

Müller: Das ist definitiv kein Normalzustand. Platin ist geologisch seltener, der Abbau ist mit höheren Kosten verbunden und auch nur auf zwei Hauptländer beschränkt: Südafrika und Russland.

Die Frage ist doch aber, wofür spricht das?

Müller: Das kann ich Ihnen auch nicht genau sagen. Was ich jedoch beobachtet habe und schon durch Studien belegt ist, viele Minengesellschaften schreiben auf Basis des Cashflows seit Jahren rote Zahlen. Sie nehmen also weniger ein, als sie ausgegeben. Das gilt übrigens für alle Edelmetalle.

Das hört sich ungesund an.

Müller: Ja, ich halte die Entwicklung für fatal, weil die Minenbetreiber derzeit ihre besten Minen ausbeuten, um zu überleben. Sie schlachten also die besten Pferde im Stall, bis nur noch schlechte im Stall stehen. Einige kleinere Minenbetreiber sind schon bankrott gegangen, der Mainstream hat das jedoch noch gar nicht registriert. Ist erst einmal das Angebot knapper, wird sich das im Preis zwangsläufig widerspiegeln müssen.

Wir haben Ihnen Anfang des Jahres unsere 7 Fragen gestellt (siehe boersianer.info-Ausgabe #6) und Sie haben dabei angeführt, dass die All-Inclusive-Produktionskosten der Minen höher sind als die Marktpreise, was in der Vergangenheit immer ein guter Indikator dafür war, dass die Metallpreise stiegen. Nun sind sie noch nicht gestiegen, warum?

Müller: Ich bin ein Verfechter der These, dass der Goldpreis gemanagt wird. Das ist kein freier Markt, da bin ich mir sehr sicher. Wie viele andere Märkte übrigens auch. Am Offensichtlichsten war es beim Schweizer Franken, der ja künstlich bei 1,20 Euro gehalten wurde. Bei den Edelmetallen läuft das alles über die Papierschiene in den USA. Mutmaßlich J.P. Morgan hat sich in den letzten Monaten jedoch rund 10.000 Tonnen Silber physisch ausliefern lassen. George Soros soll im Juni für 20 Millionen Dollar Barrick-Gold-Aktien gekauft haben.

Ja, aber das hat die Notenbank doch der Schweizer Wirtschaft zu Liebe getan und bereits bei der Einführung der Mindestgrenze angekündigt, dass diese nicht auf Dauer sei. Und dass man so einen Schritt wie die Auflösung nun nicht vorher bekanntgibt, ist ja eigentlich auch klar.

Müller: Das stimmt alles, doch der Preis müsste doch dem Markt überlassen werden, vom Markt festgesetzt werden. So sollte es auch bei Gold und Silber sein.

Auch andere Metalle, die Basismetalle sind sehr günstig. Gibt es da Parallelen? Ich denke an Kupfer, dass ja in Zeiten von zunehmender Elektrizität eigentlich stark gefragt sein sollte.

Müller: Kupfer ist rein chemisch betrachtet auch ein Edelmetall, wir konzentrieren uns aber vor allem im Bereich Edelmetalle auf Gold, Silber, Platin und Palladium. Aber Sie haben Recht, auch Kupfer hat sich seit 2011 im Preis glatt halbiert.

Vielen Dank für das Gespräch.

Müller: Sehr gerne.

juergen-mueller-goldmueller-interview GOLD-EXPERTE DR. JÜRGEN MÜLLER

Jürgen Müller (47) ist Geschäftsführer der Einkaufsgemeinschaft für Sachwerte, die er 2005 gründete (seinerzeit unter dem Namen Einkaufsgemeinschaft für Gold und Silber). Als Sachbuchautor hat er bislang drei Werke zum Thema Gold und Edelmetalle veröffentlicht. 2012 promovierte er an der Universität Würzburg zum Thema Peak-Gold (in Anlehnung an Peak-Oil).

Buchtipps und Charts zu dem Thema und dem Interview mit Jürgen Müller finden Sie in unser aktuellen Ausgabe.


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Foto: EKG für Sachwerte

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