Zwischen Trump & Yellen: Dow 25.000?

HANKES MEINUNG

HANKES MEINUNG | Kann Donald Trump die von den Märkten in ihn gesetzten Erwartungen wirklich erfüllen? Wie lange hält der Bullenmarkt an der Wall Street noch an?

Ein Dow Jones von 25.000 Punkten kommt. Und zwar rein statistisch gesehen in zwei bis drei Jahren, steigt der US-Markt doch in der Regel um durchschnittlich rund zehn Prozent pro Jahr. Soviel vorab.

Kann Trump die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen?
Aktuell herrscht etwas Ernüchterung in Sachen Regierungsarbeit von Donald Trump. Einreiseverbot, Abschaffen von Obamacare – der US-Präsident ist schon mehrfach gescheitert. Dekret hin oder her. Bei der US-Klimapolitik gibt es dagegen schon die Rolle rückwärts – mit entsprechenden Vorteilen für die Fracking-Industrie und Druck auf den ohnehin schon niedrigen Ölpreis. Der Preis fürs schwarze Gold hängt zwischen 50 und 60 Dollar je Barrel fest – abgesichert durch ein Shale-Cap und einen Opec-Floor.

Sorgen, Trump könnte nun weitere Militäroperationen in Syrien starten, trieben die Ölpreis zuletzt leicht nach oben. Doch der Angriff auf den syrischen Stützpunkt, von dem die Giftgasattacke ausgegangen sein soll, war wohl eher ein Signal zur einmaligen Abschreckung. Es ist der Schritt, vor dem sich Barack Obama immer gescheut hat. So entfernt sich Trump von Russland, kommt aber vielen Republikanern näher, die diesen Sinneswandel gut heißen. Denn ursprünglich hatte Trump seine Vorgänger dafür heftig kritisiert, sich andernorts militärisch einzusetzen. Die Angriffspläne müssen übrigens noch aus Obamas Amtszeit stammen, so schnell wie das US-Militär mobil machen konnte. Und es handelte sich wirklich um Giftgas, das ist bereits durch Obduktionen der Opfer nachgewiesen worden, darunter auch „wunderschöne Babys“ wie Trump in seinem Statement sagte, in dem er den Giftgaseinsatz aufs schärfeste verurteilte. Unberechenbarer sollten die USA werden, ist eine der Forderungen von Donald Trump. Das ist ihm einmal mehr gelungen.

Der Raketenangriff von zwei amerikanischen Zerstörern erfolgte übrigens, als Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping samt Ehefrauen dinierten. Im Treffen mit Chinas Führung geht es neben den Handelsbeziehungen vor allem um Nordkorea, dem China Einhalt gebieten soll. Das war schon ein Anliegen Obamas. Nordkorea provozierte jüngst mit mehreren Raketentests. Ansonsten müssen Börsianer wohl auf die wichtigen Projekte von Trump noch warten. Sowohl eine Steuerreform mit Steuersenkungen als auch das geplante Infrastrukturprogramm kommen wohl erst 2018. Protektionismus-Maßnahmen war bislang nur eine leere Drohung, eines zahnlosen Tigers.

Geht die Rallye gerade bei den US-Finanzwerten weiter (Stichwort Deregulierung)?
In Sachen Bankenregulierung hat Trumps Regierung hingegen bereits angekündigt, „einen großen Schnitt“ vornehmen zu wollen. Es geht um den Dodd-Frank-Act, der 2010 als Reaktion auf die Finanzkrise in Kraft trat. Im Kern geht es darin um das Verbot von Eigenhandel der Banken, mehr Transparenz und die Beendigung des Zwangs, als Staat Kreditinstitute retten zu müssen. Das will Trump alles zurückschrauben. Und das macht US-Bank-Aktien natürlich attraktiv, zumal viele von ihnen nahe des Buchwertes gehandelt werden und damit trotz aktuellem Umfeld recht günstig erscheinen. Allerdings bleibt es vorerst beim Niedrigzinsumfeld, das es Banken naturgemäß schwierig macht, viel Geld zu verdienen. Denken Sie nur einmal kurz an die Gebühren und Minuszinsen, die hiesigen Banken und Sparkassen eingeführt haben. Und daran dürfte sich so schnell auch nichts ändern. Wenngleich die US-Notenbank Fed die Leitzinsen in diesem Jahr vielleicht noch einmal anheben wird – einmal ist derzeit wahrscheinlicher als zwei- oder gar dreimal. Vermutlich geht es dann vom Korridor von 0,75 bis 1,0 auch nur auf 1,0 bis 1,25 Prozent.

Wie wird die Fed auf Trump reagieren? Setzt sich die Zinswende in kleinen Dosierungen fort?
Trump kommt erst richtig Ende 2018 zum Zug, wenn Janet Yellens Amtszeit als Fed-Chefin endet. Dann könnte er – wie erwartet wird – einen seiner Wunschkandidaten in das Amt des Notenbankbosses hieven. Jetzt hat die Fed kurz geschockt mit der Nachricht, man wolle das Volumen der angekauften Anleihen langsam zurückfahren, sprich freigewordenes Kapital nicht reinvestieren. Das ist aber noch keine Wende von der lockeren Geldpolitik, wie es auch die Minizinsschritte nicht sind, deren Tempo doch wohl dosiert sein dürfte, um die US-Wirtschaft nicht abzuwürgen.

Wie lange hält der Bullenmarkt an der Wall Street noch an?
Denn die Konjunktur ist im Moment robust. Traditionell startet die Berichtssaison mit dem Aluminiumhersteller Alcoa am 24. April. Und fürs erste Quartal werden allgemein wachsende Unternehmensgewinne erwartet, bevor es danach zu einer Durststrecke im Sommer kommen könnte. Perfekt passend zur Börsenweisheit „Sell in May“ und zu den vertagten Reformen von Trump. Steigende Gewinne hin oder her – vergessen darf man dabei nicht: Der US-Markt hat sich seit seinem Tief 2008 mehr als verdreifacht, während die US-Unternehmensgewinne sich bestenfalls verdoppelt haben. Die Bewertungen sind als extrem hoch.

Das Shiller-KGV, ein 10-Jahres-KGV bereinigt um die Inflation, des S&P 500 liegt derzeit bei 28,9 – nahe dem Niveau vom Börsencrash 1929. Der historische Mittelwert beträgt dagegen nur 16,7. Natürlich ist mangels Alternative zur Aktie im derzeitigen Zinstal durchaus eine höhere Bewertung gerechtfertigt. Diese liegt aber eher bei einem Shiller-KGV von 20,0 und nicht 28,9. Ich achte auf den Umsatz. Auch da ist das Bild ähnlich. US-Aktien werden derzeit mit einem KUV von 1,9 gehandelt, während der Mittelwert bei 1,4 liegt. Deshalb finde ich in den USA auch kaum attraktive Aktien, die Anleger nun kaufen müssen. Europäische und Dax-Titel sind günstiger. Das sind sie zwar traditionell, aber die Schere hat sich weiter geöffnet und seit März laufen die europäischen Aktien auch besser als die US-Papiere. Die Dax-Titel haben aktuell im Schnitt ein KUV von 1,5 (ohne Finanzwerte), hängen aber oft am Tropf der US-Märkte. Meine derzeitigen Favoriten stammen alle aus dem Dax: Allianz, BASF, Continental, Daimler und Siemens.

Wo liegen die größten Risiken für eine Korrektur?
Übertreibungen an der Börse sind durchaus üblich. Und so signalisieren viele Indikatoren unseres Timing-Systems weiter grünes Licht für die Aktienmärkte, ob nun der Ölpreis, die Zinsen oder bestehende Aufwärtstrends. Nur die hohe Bewertung lässt zu wünschen übrig. Risiken sind derzeit nur wenige in Sicht: Eine überraschende Frankreich-Wahl, ein aus heutiger Sicht eher sehr unwahrscheinlicher Einmarsch von US-Truppen in Syrien, ein schwarzer Schwan. Ende April kommt dann die schwächere Börsenphase. Insgesamt ist das Jahr nach der Wahl des US-Präsidenten aber historisch betrachtet ein gutes Börsenjahr, wie es übrigens auch schon der Januar angedeutet hat. Das Zwischenjahr ist oft enttäuschend, bevor es im Vorwahljahr und im Wahljahr wieder nach oben geht. Doch Trump könnte auch was den saisonalen Wahlzyklus angeht unberechenbar sein.

Ihr Börsenstratege Ulrich W. Hanke

Mehr Kommentare und Informationen finden Sie unter:
www.boersianer.info – Hankes Börsenbrief – Anlegen wie die Börsenstars

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