Stéphanie Bobtcheff: »M&A dürfte europäische Mid Caps 2017 beflügeln«

GASTKOMMENTAR

GASTKOMMENTAR | Zwei Hauptpunkte hat Stéphanie Bobtcheff ausgemacht: 1.) Small und Mid Caps sind strukturell im Vorteil. 2.) Die Bewertungsniveaus stellen Herausforderung dar. Ein Kommentar der Fondsmanagerin der europäischen Nebenwerte-Fonds Echiquier Agenor und Echiquier Entrepreneurs bei La Financière de l’Echiquier.

Von Stéphanie Bobtcheff, La Financière de l’Echiquier

Das makroökonomische Umfeld in Europa hellt sich auf. Die Wachstumsprognosen für dieses Jahr sind auf mehr als zwei Prozent gestiegen und auch der zuletzt veröffentlichte Einkaufsmanager-Index weist den höchsten Wert seit 2011 auf. Die bisher vorgelegten Unternehmenszahlen sind positiv und alles deutet darauf hin, dass Analysten ihre Erwartungen hinsichtlich der Gewinne pro Aktien anheben werden. In Frankreich haben zwar die politischen Risiken im Vorfeld der Wahl zugenommen und sorgen kurzfristig für Zurückhaltung. Sobald die Wahlen jedoch vorüber sind, dürften auch dort die Märkte steigen. Das Momentum für Europa insgesamt ist also mehr als positiv, wobei von einer weiteren Erholung aus strukturellen Gründen besonders europäische Small und Mid Caps profitieren.

Fokussierung auf Binnenmarkt und Nische als Vorteil
Ein wesentlicher Grund hierfür ist das geringe Exposure der kleinen und mittleren Unternehmen in Schwellenländern – sie sind vorwiegend in ihren Heimatmärkten aktiv und profitieren von der robusten europäischen Nachfrage. Dies erklärt auch, warum in den vergangenen drei Jahren die Kursentwicklung von Mid Caps weniger volatil war als bei Standardwerten. Außerdem ist ihr Gewinnwachstum strukturell höher als bei Large Caps, weil sie häufig in Nischenmärkten dafür aber in führender Position unterwegs sind. Mittelständische Unternehmen sind zudem deutlich ambitionierter in Bezug auf die eigenen Wachstumspläne. Ein wichtiger Performance-Treiber ist darüber hinaus die Dynamik des Marktes. Vor allem in den vergangenen beiden Jahren hat sich das untere Börsensegment durch zahlreiche IPOs und M&As regelmäßig erneuert. Small und Mid Caps sind ideale Übernahmekandidaten, was die Kurse zusätzlich ankurbelt. Fusionen und Übernahmen waren 2016 der Key-Performance-Treiber für europäische Micro und Small Caps. Diese Dynamik dürfte sich 2017 auch auf das Mid Cap Segment übertragen und treibende Kraft für die weitere positive Entwicklung sein. Kleinere und mittlere Unternehmen sind auch weniger abhängig von makroökonomischen Ereignissen wie Wahlen oder Zinsentwicklungen. Fundamentaldaten spielen in diesem Segment eine viel entscheidendere Rolle. Dank dieser strukturellen Vorteile haben europäische Small und Mid Caps in den vergangenen Jahren eine teilweise deutlich stärkere Wertentwicklung als Large Caps gezeigt. Hierbei ist besonders die unterste Börsenliga mit einer Marktkapitalisierung bis zu einer Milliarde Euro hervorzuheben. In Frankreich sind sie sogar teils überkauft und könnten von der nächsten Marktkorrektur am ehesten betroffen sein. Das mittlere Börsensegment hingegen mit einer Marktkapitalisierung von einer bis fünf Milliarden Euro – welches der Echiquier Agenor im Fokus hat – entwickelte sich zuletzt nahezu parallel zu Large Caps und sollte auch in Zukunft mit einer guten Performance überzeugen.

Bewertungsniveaus sind Herausforderung in 2017
Die wesentliche Herausforderung liegt in diesem Jahr darin, angemessene Bewertungen mit weiterem Kurssteigerungspotenzial zu finden. Bei Mid Caps sind die Bewertungen auf ähnlich hohen Niveaus wie Large Caps. Da Mid Caps aber mehr Wachstum aufweisen, sind die Multiples für 2018/19 attraktiver. Auf der untersten Börsenleiter sind hingegen noch leichte Kursabschläge zu verbuchen, die auf Marktinieffizienzen aufgrund der mangelnden Abdeckung durch Analysten zurückzuführen sind. Darüber hinaus erklärt die sehr geringe Anzahl von ETFs, die in diesem Segment investieren, hier einen Liquiditätsdiscount.

Eine breite Diversifikation nach Branchen und Ländern ist im Nebenwertesegment ebenfalls wichtiger Erfolgsfaktor. Mit Ausnahme des Biotech-Sektors finden wir für den Echiquier Agenor in jedem Sektor attraktive Wachstumsunternehmen. Unsere größte Position ist im Moment das in den USA gelistete niederländische Unternehmen Interxion, welches sich zu einem der führenden europäischen Betreiber von Rechenzentren entwickelt hat. Interxion profitiert in enormen Maße vom Datenwachstum und besitzt ein ausgesprochen stabiles Geschäftsmodell, eine starke preisliche Wettbewerbsfähigkeit sowie ein solides Management. Es überzeugt mit einer Ebit-Marge von 45 Prozent und ein von der hohen Nachfrage getriebenes jährliches Umsatzwachstum von zehn Prozent. Als letzter unabhängiger europäischer Player wird Interxion im Zuge der anstehenden Marktkonsolidierung vor allem von den Nordamerikanern interessiert beäugt. Darüber hinaus finden wir das französische Unternehmen Maisons du Monde aktuell sehr interessant, auch wenn es einen Großteil seines Umsatzes im Heimatmarkt Frankreich macht. Maisons du Monde ist im Geschäft mit Möbeln und Einrichtungsgegenständen europaweit aktiv, wobei uns vor allem der Multi-Channel-Vertrieb über Warenhäuser, Katalog und Internet überzeugt. Mit einer starken Ebit-Marge von 40 Prozent und guten Wachstumsaussichten ist das Unternehmen bestens für den geplanten Börsengang aufgestellt.

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