Aktien: Überraschungen programmiert



GASTKOMMENTAR | Paras Anand gibt in seinem Gastkommentar einen Ausblick für europäische Aktien für das zweite Halbjahr 2015. Seine These: Europas Unternehmen dürften mit Gewinnen noch positiv überraschen…

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Das Anlegerinteresse an Europa hat Anfang 2015 stark zugenommen und einigen Märkten innerhalb weniger Monate Gewinne von mehr als 20 Prozent beschert. Das wirft die Frage auf, wie nachhaltig diese Marktentwicklung ist. Aber auch wenn sich diese hohen Kursgewinne wohl nicht wiederholen werden und die Begeisterung der Anleger über die quantitative Lockerung abebben sollte: Das Zusammenspiel aus Anlegerpositionierung, Markterwartungen und günstigem wirtschaftlichen Umfeld lässt vermuten, dass europäische Aktien ihren Aufwärtstrend für den Rest des Jahres fortsetzen.


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Die Anleger sind in europäischen Aktien im Schnitt nach wie vor untergewichtet, auch wenn einige Untergewichtungen inzwischen glattgestellt wurden. Von einer Blase oder Euphorie sind Europas Märkte meilenweit entfernt. Tatsächlich wurden die Kursgewinne in diesem Jahr gleichermaßen von Sorge wie von Gier getrieben. Deutlich wird das daran, dass Aktien von äußerst konservativen Unternehmen besonders gefragt waren. Mit anderen Worten: Der Markt zahlt einen Aufschlag für vergleichsweise geringere Volatilität. Gleichzeitig bietet er all jenen noch Chancen, die bereit sind, eine höhere Volatilität zu akzeptieren. Beispielsweise sind die Bewertungen von Unternehmen, die zwar an kurzfristigen operativen Schwierigkeiten leiden aber an sich solide sind und intakte Geschäftsmodelle sowie gute wirtschaftliche Aussichten haben, teilweise sehr niedrig.

Zudem sind die Erwartungen an den Gewinnanstieg europäischer Unternehmen deutlich zurückgegangen. Die Prognosen liegen deutlich unter dem Niveau von Anfang 2014 und Anfang 2013. Mit rund sechs bis acht Prozent sind sie auch niedriger als der globale Durchschnitt. Einiges deutet jedoch darauf hin, dass die Gewinne europäischer Unternehmen für positive Überraschungen sorgen werden. So beflügelt etwa der schwächere Euro das Gewinnwachstum, denn die Mehrheit der europäischen Unternehmen erwirtschaftet den Löwenanteil ihrer Umsätze und Gewinne außerhalb der Eurozone. Daher profitieren sie unmittelbar von Umrechnungseffekten. Über kurz oder lang verbessert sich mit der Euro-Schwäche aber auch ihre Wettbewerbsposition, was hilft, Marktanteile zu gewinnen und ihre Profitabilität zu steigern.

Zudem befinden sich europäische Unternehmen mitten in einer Phase verstärkter Aktivität, die vor rund 18 Monaten mit einer Zunahme von Zukäufen und Fusionen, Neupositionierungen und gelungenen Restrukturierungen begonnen hat. Die positiven Folgen der bereits abgeschlossenen und noch wahrscheinlichen Aktivitäten werden sich aus meiner Sicht aber erst noch auf die Unternehmensgewinne auswirken. Zu guter Letzt dürften europäische Unternehmen für den Rest des Jahres von geringeren Kosten profitieren. So gehen die Lohnkosten in einigen Märkten zurück. Gefallen sind aber auch die Kosten für Energie und Rohstoffe, was den Margen und dem Gewinnwachstum zugutekommt.

Gastkommentator Paras Anand ist Leiter des europäischen Aktienteams bei der Fondsgesellschaft Fidelity Worldwide Investment.

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