Achtung, Frau Yellen!

HANKES MEINUNG | Die Reaktionen auf die EZB-Entscheidung sollten die Chefin der US-Notenbank Fed aufhorchen lassen. Sie wird wohl den Weg zu Normalität einschlagen, während es beim Euro drunter und drüber geht.

ulrich-w-hanke-boersianerinfo Das hatte sich Mario Draghi sicher auch anders vorgestellt. Als der EZB-Präsident am vergangenen Donnerstag vor die Presse trat und die Entscheidungen des EZB-Rates verkündete, gaben die Aktienmärkte nach und der Euro-Kurs legte ordentlich zu. Die Gemeinschaftswährung verteuerte sich gegenüber dem US-Dollar Intraday sogar so stark wie erst ein einziges Mal zuvor in der Geschichte. Das Anleihenkaufprogramm bis März 2017 auszuweiten, statt bis wie bisher bis September 2016 laufen zu lassen und den Strafzins für Einlagen bei der EZB von 0,2 auf 0,3 Prozent anzuheben, war vielen Marktteilnehmern zu wenig. Man wünschte sich ein größeres Ankaufvolumen als die derzeit 60 Milliarden Euro monatlich. Beim Euro sorgte das für eine Bewegung von rund 1,05 auf knapp 1,10 Dollar.



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Janet Yellen, Chefin der US-Notenbank Fed, wird die Reaktionen genauestens beobachtet haben. Denn sie tritt am 16. Dezember vor die Presse. Und der Markt erwartet eine Anhebung des Leitzinses von 0,25 auf 0,25 bis 0,50 Prozent (aktuell 0 bis 0,25 Prozent). Das wäre dann die erste Veränderung seit sieben Jahren. Es kommt aber oft anders als erwartet. Börsianer sollten auch deshalb wachsam sein, weil eigentlich jeder auf und am Parkett mit einer liquiditätsgetriebenen Aktienhausse rechnet. Diese mag kommen, aber die Rechnung irgendwann auch. Wenn alle Marktteilnehmer das Gleiche erwarten, trifft oft auch etwas anderes ein.

Während die Fed nun also vermutlich den Weg zurück zur Normalität einläutet, geht es in Europa munter weiter mit dem Gelddrucken. Die Schattenseite der Liquidität ist mehr Risiko, mehr Volatilität. Alle Anleger sind nervös. Darauf muss man sich einstellen.


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Ob die Strategie von Draghi überhaupt aufgeht ist unterdessen umstritten. Viele Unternehmen nehmen lieber billiges Geld auf, um eigene Aktien zurückzukaufen statt neue Projekte zu erschließen. Und viele Banken vergeben dennoch nicht mehr Kredite. Letztlich ist die Inflation so nahe an einer Deflation, weil der Ölpreis so niedrig notiert. Diesen macht die Opec gerade mehr denn je, will den Ölschieferprojekten in den USA den Garaus machen. Von zwei Prozent Inflation sind und bleiben wir wohl meilenweit entfernt. Insofern kann man zumindest so in Sachen Gold argumentieren: Den Inflationsschutz brauchen wir im Moment einfach nicht. Das Papiergeld wird aber auf Dauer immer weniger Wert sein, nicht nur auf dem Sparbuch, sondern auch in Ihrem Portemonnaie und eine Euro-Rally wie diese Woche eine Ausnahme bleiben.

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Ihr Ulrich W. Hanke


Foto: red

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